„Der Schutzwall bin ich!“ – TO DO Award Human Rights in Tourism an „Fundación Renacer/ECPAT Colombia“

Seit Mitte der 1990er Jahre kämpft die NGO gegen sexuelle Gewalt und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen in Kolumbien

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Seefeld, 12.02.2020 – Der „TO DO Award Human Rights in Tourism“ wird 2020 an die Nichtregierungsorganisation „Fundación Renacer/ECPAT Colombia“ verliehen. Mit der breit angelegten Kampagne „¡La Muralla soy yo! – „Der Schutzwall bin ich!“ hat die kolumbianische NGO in den vergangenen 25 Jahren verschiedenste Akteure im Kampf gegen sexuelle Gewalt und Ausbeutung von Heranwachsenden zusammengebracht.

„La Muralla“, ein Schutzwall in Cartagena, der während der Kolonialzeit entstanden war, umschließt heute die Altstadt der Karibikmetropole, die als Welterbestätte jedes Jahr hunderttausende Touristen anzieht. Mit der Mauer schützten die Spanier im 16. Jahrhundert Gold und Rohstoffe. Heute ist „La Muralla“ das Symbol einer einzigartigen Strategie, mit der alle Akteure der Stadt – Zivilgesellschaft, Tourismusverbände, Hotels, Strandverkäufer, Taxifahrer und Sonnenschirmverleiher, Jugendorganisationen, Schulen, Polizei und Staatsanwaltschaft – das schützen, was ihnen am wichtigsten ist: die Mädchen und Jungen der Stadt. Sie alle sagen voll Stolz: „¡La Muralla soy yo!“ – „Der Schutzwall bin ich!“

Erfolge im informellen komplementären Tourismussektor

Als die Nichtregierungsorganisation „Fundación Renacer/ECPAT Colombia“ 1996 begann, erste Recherchen zum Phänomen der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen durchzuführen, wurde schnell erkennbar, dass viele Kinder in der Stadt von Gewalt und Vernachlässigung in den Familien, organisierter Kriminalität, sexualisierter Gewalt und Drogenhandel betroffen waren. Und es wurde deutlich, dass sowohl Seeleute als auch Touristen aus dem In- und Ausland eine Gefahr für die Kinder darstellen. Sex mit Kindern und minderjährigen Jugendlichen wurde im Tausch gegen Geld, Kleidung oder kleine Geschenke alltägliche Realität. Die Tourismuswirtschaft ignorierte das Thema lange Zeit.

„Fundación Renacer“ startete 2008 mit dem Projekt „¡La Muralla soy yo!“ eine breit angelegte Kindesschutzstrategie. Die Stiftung sensibilisiert diejenigen für das Thema, die an vorderster Front stehen: Taxifahrer, Straßenverkäufer, Masseure und Sonnenschirmverleiher. Immer wird dabei der Schutz von Kindern thematisiert. Auch Verantwortliche und Angestellte im Hotelgewerbe werden geschult. Überall in der Stadt hat „Renacer“ Sozialarbeiterinnen und Lehrer in Schulen weitergebildet sowie Hunderte von Jugendlichen direkt erreicht. Allein in der ersten Hälfte 2018 konnten daraufhin 80 Personen im Zusammenhang mit sexueller Ausbeutung von Minderjährigen verhaftet werden.

Die Stärken von Kindern stärken

„Wir wissen nun, dass wir Rechte haben und dass uns niemand unsere Rechte nehmen kann“, sagt eine 17-Jährige, die sich in der Schule zur Trainerin für Kindesschutz ausbilden lässt und nun selbst jüngere Schülerinnen und Schüler sensibilisiert. Ein Mitschüler ergänzt, dass es für ihn wichtig war, zu lernen, wie man sexuelle Anbahnungen im wirklichen Leben und im Internet erkennt und sich wehren kann. „Renacer“ bietet auch Kurse für Eltern an. Nach anfänglicher Skepsis haben in den letzten zehn Jahren 112 Unternehmen in Cartagena den Verhaltenskodex zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung im Tourismus unterschrieben und setzen ihn aktiv um.

Die Arbeit der NGO wirkt inzwischen weit über die Grenzen des Landes hinaus: Gemeinsam mit ECPAT International und UNICEF hatte „Fundación Renacer“ 2018 zum „Internationalen Gipfel zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung auf Reisen und im Tourismus“ nach Bogotá eingeladen. Mehr als 400 Teilnehmer diskutierten zwei Tage lang über neue Strategien im Kampf gegen sexuelle Ausbeutung. Ein „Call for Action“ ruft nun international zu mehr Anstrengungen aller Akteure auf, weil durch das Wachstum des Tourismus immer mehr Kinder Opfer von sexueller Ausbeutung werden.

Die öffentliche Preisverleihung findet am 5. März 2020 ab 16:30 Uhr im Palais am Funkturm auf dem ITB-Gelände statt. Vertreter des Projektes sind anwesend und nehmen die Ehrung entgegen. Nach der Preisverleihung lädt der Studienkreis zu einem Imbiss ein. Es besteht die Möglichkeit für Interviews mit den Preisträgern.

Besuchen Sie uns auch an unserem Messestand in Halle 4.1, Stand 242. Gesprächstermine können ab sofort vereinbart werden.

Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung beschäftigt sich mit entwicklungsbezogener Informations- und Bildungsarbeit im Tourismus. In diesem Zusammenhang gibt er Publikationen heraus, führt internatio­nale Wettbewerbe durch, veranstaltet Aus- und Fortbildungsseminare für im Tourismus Beschäftigte, ist in den Bereichen Tourismusforschung und -beratung tätig und beteiligt sich am Dialog über Fragen touristi­scher Entwicklung.

Pressekontakt

Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e. V.
Claudia Mitteneder, Geschäftsführung
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