TO DO Award 2021 trotzt der Pandemie

Gemeinde-basiertes Tourismusprojekt »Rutas Ancestrales Araucarias« aus Chile gewinnt TO DO Award 2021 für sozialverantwortlichen Tourismus, der internationale Wettbewerb stiftet Hoffnung für die Weiterentwicklung herausragender touristischer Vorhaben nach der Corona-Krise

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Seefeld, 16.02.2021 – „Mit dem Projekt »Rutas Ancestrales Araucarias« können die Angehörigen des indigenen Volkes der Mapuche ihre eigene Geschichte selbst erzählen und jederzeit selbst bestimmen, wie sie sich selbst, ihre Lebensweise, Traditionen und Werte den Besucher*innen darstellen“, so das Fazit der Evaluation, die der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung zum aktuellen Preisträger des TO DO Awards angefer­tigt hat. Damit erfüllt das chilenische Projekt alle Kriterien zur Vergabe des international renommierten Preises, den der Studienkreis seit 1995 jährlich vergibt.

Das Volk der Mapuche, das vor allem im mittleren und südlichen Teil des Landes lebt, muss seit Jahrhunderten um die Anerkennung seiner Rechte kämpfen und wird bis heute vom Staat massiv unterdrückt. Ihr angestammter Lebensraum wurde während der letzten Jahrzehnte beispielsweise von zehn Millionen Hektar auf jetzt 500.000 Hektar durch militärische Interventionen verkleinert.

Mit dem Projekt »Rutas Ancestrales Araucarias« setzen sich die Mapuche (deutsch: „Menschen der Erde“) nun konsequent für die Anerkennung ihrer Kultur und Lebens­weise ein. Bereits 2012 schlossen sich dazu verschiedene lokale Gemeinden zusammen, um über die wirtschaftlichen Perspektiven ihres Volkes zu beraten. Daraus entstand unter anderem die Idee eines gemeinde-basierten Tourismus in der Gemeinde Curarrehue am Rande des Nationalparks Villarrica. Bereits 2014 konnten drei Routen durch die Region – veranstaltet von lokalen Guides – angeboten werden.

Inzwischen hat das Projekt etwa 30 Partner vor Ort gefunden, die auf derzeit sieben Routen den Besucher*innen die Kultur und Lebensweise der Mapuche näherbringen. Die Aktivitäten entlang der Routen sind vielfältig. Sie reichen von Erzählungen über die Weltanschauung oder lokale Medizin- und Heilpflanzen der Mapuche bis zu Besuchen von Farmen und Gemüsegärten. Die Gäste können dabei auch selbst aktiv werden. Auf unterschiedlichste Art und Weise kommen Gäste und Gastgeber*innen miteinander ins Gespräch, ob bei gemeinsamen Mahlzeiten, bei traditionellen Mapuche-Spielen oder beim gemeinsamen Kunsthandwerk – vom Weben oder Färben von Wolle bis zur Verar­beitung von Pflanzenfasern. Bleiben die Gäste über Nacht, werden sie bei Familien un­tergebracht und essen gemeinsam mit ihnen zu Abend.

TO DO 2021: Perspektiven für zukunftsfähigen Tourismus – trotz Corona
Projekte wie »Rutas Ancestrales Araucarias« tragen maßgeblich dazu bei, dass die ein­heimische Bevölkerung eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen kann – vor allem aber eine Möglichkeit findet, ihre eigene kulturelle Identität zu wahren. Dazu trägt auch bei, dass möglichst viele Mitglieder der Community in das Projekt eingebunden werden. Beim TO DO-Preisträger 2021 können inzwischen 38 Familien ein entsprechendes Ein­kommen erwirtschaften. Das erfolgreiche Projekt wurde 2020 auch von den Auswirkun­gen der Corona-Pandemie getroffen – derzeit können keine Besuche vor Ort stattfinden. Dazu die Gutachterin des Studienkreises: „Natürlich macht sich der Wegfall der Ein­nahmen durch Corona bemerkbar. Die Mapuche sind jedoch in der Lage, ihre Familien auch unabhängig vom Tourismus zu ernähren. […] Die Mitglieder des Projekts und ihre Gemeinden haben in der Vergangenheit schon verschiedenste Krisen gemeistert und ihre Resilienz unter Beweis gestellt. Das spricht für eine besonders zukunftsfähige Form des Tourismus.“

TO DO Preisträger 2020 nachträglich geehrt
Aufgrund der kurzfristigen Corona-bedingten Absage der ITB im letzten Jahr konnten die beiden TO DO Award Preisträger 2020 ebenfalls nicht während der Live-Veranstaltung auf der Messe geehrt werden. Deshalb werden im Rahmen der diesjähri-gen Online-Preisverleihung des TO DO Award auch die Projekte Esfahk Historic Village, Iran sowie Banteay Chhmar Community Based Tourism, Kambodscha präsentiert und gewürdigt. Zu den beiden Preisträgern aus 2020 werden ebenfalls Videos eingespielt.

Claudia Mitteneder, Geschäftsführerin des Studienkreises für Tourismus und Entwick­lung: „Die mit dem TO DO Award 2020 und 2021 prämierten Projekte leisten einen wichtigen Beitrag, ökonomische, ökologische und soziale Perspektiven für die einheimi­sche Bevölkerung zu schaffen, die Lebensbedingungen zu verbessern und damit bei­spielsweise Landflucht in größere Städte einzudämmen. Sowohl bei der Planung als auch in der Umsetzung werden die Interessen der einheimischen Bevölkerung in den Mittelpunkt aller Anstrengungen gerückt. Darüber hinaus können mit den Projekten Chancengleichheit, Diversität und gesellschaftlicher Fortschritt gefördert werden, all das vereint alle drei Preisträger. Der Studienkreis unterstützt und fördert deshalb seit mehr als 25 Jahren solche Konzepte. Mit der Online-Präsentation des TO DO Award und der diesjährigen Preisträger auf der ITB NOW eröffnen wir diesen Projekten zudem eine Kommunikations- und Vernetzungsplattform, die deren Weiterentwicklung sichern soll.“

Die virtuelle Preisverleihung findet am 9. März 2021 ab 14:00 Uhr statt und kann nach Anmeldung über das Streaming-Portal der ITB NOW (Stream Nr. 2) verfolgt werden.

Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung beschäftigt sich mit entwicklungsbezogener Informations- und Bildungsarbeit im Tourismus. In diesem Zusammenhang gibt er Publikationen heraus, führt internationale Wettbewerbe durch, veranstaltet Aus- und Fortbildungsseminare für im Tourismus Beschäftigte, ist in den Bereichen Tourismusforschung und -beratung tätig und beteiligt sich am Dialog über Fragen touristischer Entwicklung.

Pressekontakt
Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V.
Claudia Mitteneder, Geschäftsführung
Bahnhofstraße 8, 82229 Seefeld
Tel.: +49 8152 99901-0 | info@studienkreis.org

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